Erstmals gab es diese Saison einen großen Stehplatzbereich hinter dem Tor. Der Klub, Spieler und Anhänger ziehen ein erstes Fazit.
Die abgelaufene Saison der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) war eine historische für die Düsseldorfer EG. Nicht unbedingt auf dem Eis, aber umso mehr auf den Tribünen. War es doch die erste Saison nach den Corona-Auflagen. Und vor allem die erste in der fast 90-jährigen Geschichte des Düsseldorfer Eishockeys mit einer kompakten Fankurve hinter einem Tor. Nach all den Jahren mit Stehplätzen an drei Seiten der Eisfläche an der Brehmstraße und im Dome wurde die Halle 2022 umgebaut: Auf der Geraden und in der Ostkurve wurden die Steh- in Sitzplätze umgewandelt, dafür ist seitdem auch der Mittelrang in der Westkurve Stehbereich.
Das sollte nicht nur Kosten sparen, weil dann nicht zwischen zwei Veranstaltungen umgebaut werden muss. Das sollte auch für ein neues Stadionerlebnis sorgen. Und geht es nach Harald Wirtz, ist genau das passiert: „Die Westkurve ist so eingeschlagen, wie wir uns das erhofft haben“, sagt der Geschäftsführer. Ähnlich klingen die Spieler. Es sei etwas anderes, wenn „die Stimmung gebündelt aus einer Ecke kommt“, fndet Bernhard Ebner. Und auch Manager Niki Mondt ist begeistert: „Es gab Spiele, da dachte ich: So etwas habe ich im Dome noch nie erlebt.“ Gerade beim ersten Derby gegen Köln brodelte die Halle. Bei anderen Spielen hingegen waren große Lücken auf der Stehtribüne zu sehen, da sangen nur ein paar Dutzend Fans.
Dass die lange eher maue Stimmung im Dome besser geworden ist, verhehlen aber nicht mal die größten Kritiker des Umbaus: „Du wirst jetzt mehr animiert mitzusingen“, sagt Frank Fischer, der gemeinsam mit anderen, die vorher jahrelang auf der Geraden standen, sogar Aktionen gegen den Umbau organisiert hatte. Mit Umfragen unter den Fans, Stellungnahmen im Internet und vielen Gesprächen mit dem Klub.
Ganz überzeugt ist Fischer immer noch nicht. „Es ist schon eine Umgewöhnung, erst mal die Sicht, da konnte ich mich am Anfang gar nicht mit anfreunden.“ Es ist ja ein Unterschied, ob man an der Seite oder hinter dem Tor steht. Doch Fischers größtes Problem ist ein anderes: „Es sind Freundeskreise auseinandergefallen. Von meinen 15 Leuten, mit denen ich über Jahre zusammenstand, sind noch fünf übrig.“ Denn nicht alle machten den Wechsel mit. Manche nahmen das Übergangsangebot des Vereins an, im ersten Jahr zum Preis der alten Stehplatzdauerkarte auf der Geraden zu bleiben. Andere verabschiedeten sich komplett von der DEG. Und selbst von denen, die hinter das Tor wechselten, wisse er nicht, wer nächstes Jahr wiederkommt, sagt Fischer: „Viele wollten sich die Fankurve mal für ein Jahr ansehen.“
Das weiß auch Andreas Vavaßeur, der Vorsitzende des Fanprojekts, dem Dachverband der DEG-Fans. „Es war klar, dass es Stress gibt, aber es wird weniger, weil die Stimmung gut geworden ist. Wir haben mit mehr Gegenwind gerechnet“, sagt Vavaßeur und berichtet auch von der Gegenseite: „Es gibt Fans, die sich erst jetzt durch die Kurve eine Dauerkarte kaufen wollen.“
Das stellen sie bei der DEG bereits fest: Vergangene Saison verkaufte die rund 20 Prozent Stehplatzdauerkarten weniger als zuvor, allein schon, weil 250 Fans das Übergangsangebot des Klubs angenommen hatten und auf ihrem Platz auf der Geraden blieben und einen Sitzplatz in Anspruch nahmen, sagt Sebastian Snitzelaar, bei der DEG für das Ticketing zuständig. „Dieses Jahr geht der Trend ganz klar zur Fankurve.“
Deswegen seien die Zahlen auch insgesamt stabil. Das Ziel, wieder mindestens 2500 Dauerkarten zu erreichen, werde Stand jetzt erreicht. „Und sobald der Spielplan draußen ist, gibt es immer noch mal einen Schub“, sagt Snitzelaar. Denn vor allem Menschen, die im Schichtdienst arbeiten, warten gern ab, ob sich die Dauerkarte lohnt. Ein Vorteil für die DEG: Die DEL wurde wieder von 15 auf 14 Teams reduziert. „Es fallen diverse Spiele unter der Wochen weg, und unsere Dauerkarteninhaber kommen zu über 50 Prozent von außerhalb Düsseldorfs, da sind Spiele unter der Woche für viele schwer. Nächste Saison wird das besser für sie.“
Was laut Vavaßeur bereits jetzt besser war: das Miteinander. Weil es im Umlauf hinter der Kurve nun eine richtige Anlaufstelle für den DEG-Anhang gibt. Dort haben Fanprojekt und Ultras eine große Theke bekommen, wo sich vor dem Spiel und in den Pausen ausgetauscht wird, wo sie eigene Fanartikel oder Tickets für Auswärtsspiele verkaufen. Ein Fanstand, wie es ihn bei der Fortuna beim Fußball in der Arena schon lange gibt. Denn eine Fanszene lebt ja nicht nur während des Spiels.
„Wir haben jetzt einen festen Treffpunkt außerhalb der Kurve, die Kurve wächst dadurch mehr zusammen“, sagt Vavaßeur, der sich das für die Zukunft noch mehr wünscht: Deswegen soll auch optisch etwas mit der Theke passieren: eine schicke Verkleidung, darüber ein großer Banner, Stehtische davor. „Wir wollen noch sichtbarer als Anlaufstation werden und das ganze mehr mit Leben füllen.“ Denn auch wenn das Fazit nach einem Jahr DEG-Fankurve positiv ausfalle, steht für Vavaßeur fest: „Wir haben stimmungstechnisch und organisatorisch noch viel Luft nach oben.“
17.06.2023 | Rheinische Post | VON BERND SCHWICKERATH
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- Kategorie: Westkurve - Presseberichte
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